Unter welchen Umständen sich der Fotograf mit italienischen Wurzeln und das dünne Mädchen aus London zum ersten Mal trafen und wann die beiden zum It-Pärchen wurden, weiss kaum jemand. Dafür kennen wir alle die Bilder, die Mario Sorrenti von seiner Freundin Kate Moss im Jahre 1993 für die Kampagne von Calvin Kleins Kultduft Obsession machte.

Gerade mal 18 Jahre alt war die Engländerin damals, ein Kind noch fast und ziemlich sicher ohne den Hauch einer Ahnung, dass sie diesen sehr persönlichen Momentaufnahmen eine einzigartige Karriere im Moselbusiness verdanken würde.

Mister Calvin Klein himself hingegen sah sofort das Potential des jungen Paars und schickte es während zehn Tagen auf die Jungferninsel: Ganz alleine. Ohne die sonst übliche Entourage aus Assistenten, Stylisten und Art Directors, um den Verliebten für das Shooting eine möglich private Atmosphäre zu ermöglichen.

Entstanden ist dabei eine Reihe von Fotos, welche die Geschichte einer intensiven Leidenschaft erzählen und die bis heute durch ihre Intimität berühren, wie ich finde. Es ist darum nicht weiter erstaunlich, dass die Lancierung von Obsession zu einen wichtigen Meilenstein in der Geschichte von Calvin Klein wurde, dessen Nachfolger Raf Simons knapp 25 Jahre später an den Erfolg von damals anknüpfen möchte: Mit einem neuen Duft – und einer Kampagne, für die alte, bisher unveröffentlichte Bilder aus dem Archiv geholt worden sind.

 

 

«Obsessed» heisst das neue Parfum-Duo von Calvin Klein (erhältlich ab Juli ab ca. 95 Franken), mit dem gemäss Presseunterlagen die Vergangenheit «auf eine verführerisch Weise» in die Zukunft transportiert werden soll durch «eine Kombination von olfaktorische Erinnerung und moderner Attraktivität».

Wie der neue Damen- und Herrenduft von Calvin Klein riechen und warum Obsessed als moderne Version von Obsession ebenfalls das Potential zum Duftknüller hat, kannst Du nachher in aller Ruhe bei Steffi drüben auf Hey Pretty nachlesen.

Zuerst aber übergeben wir jetzt das Wort an den netten Mario Sorrenti, der Dir hier von den guten, alten Zeiten und der neuen Kampagne erzählt:

 

Mario Sorrenti, wie darf man sich den kreativen Prozess für Obsession vorstellen?

Er war sehr natürlich und instinktiv, nur Kate und ich waren unterwegs, um Fotos zu machen. Ich hatte eine Bollen und meine Pentax dabei und auch wenn wir offiziell dorthin geschickt wurden, um zu arbeiten, fühlte es sich wie Urlaub an. Es war persönlich und intim.

 

Sie waren zu jener Zeit sowohl beruflich als auch persönlich mit Kate Moss verbunden…

… das stimmt, und sie war einfach fantastisch!

Wir waren jung und verliebt und ich liebte es, sie zu fotografieren. Wir begannen gerade, unser Leben zu leben, ohne den geringsten Druck. Wir sind einfach weggefahren und hatten Spass*.

 

(Kleiner Einschub, zum ersten:

Bei Kate Moss, das nur am Rande, hielt sich der Spass offenbar doch eher in Grenzen. Ziemlich direkt nach der Rückkehr von der Insel trennte sie sich nämlich von ihrem Freund.

«When you’re in a relationship with a photographer and they start abusing that relationship – and being like, ‚I want you to do this, and I want you to do that – it makes you go, ‚No‘. I didn’t want to work all the time, but he’d be like, ‚Get up on the roof, take your clothes off,‘ and I would think, ‚F**k off!‘ Now I understand that kind of thing a bit better, capturing an image, but at the time I was 17», sagte das Supermodel vor zwei Jahren ihrem Freund Nick Knight im Rahmen einer speziellen Interview-Serie.)

 

Was denken Sie, warum wurde die Kampagne von Obsession zum globalen Hype?

 

Ich habe echt keine Ahnung, aber es war eben so!

Wir wussten nicht, was wir tun würde. Wir wollten einfach nur etwas Intimes und Schönes und Einfaches machen. Rückblickend könnte man vielleicht sagen, dass sie zum Kult wurde, weil die Bilder ehrlich sind.

Plötzlich waren die Leute verrückt nach der Kampagne. Sie wurde sehr widersprüchlich. Die einen vergötterten sie, die anderen hassten sie. Vielleicht war sie einigen zu persönlich, das kann sein. Diejenigen, die sie liebten, waren meistens in unserem Alter. Sie war sehr intensiv.

 

Wie hat sich Ihr kreativer Prozess seit damals geändert?

 

Da gibt es einiges…

Ich habe mehr Leute, die mich unterstützen und meine Arbeit ist mittlerweile viel fokussierter. Früher machte ich vieles einfach instinktiv. Ich habe seit damals noch sehr viel über Fotografie gelernt, über die Kunst aber auch über das Handwerk. Ich war sehr naiv und heute wiederum ist mir das, was ich tue, viel bewusster.

 

Wie sieht das Konzept für die Kampagne des neuen Calvin Klein Duftes Obsessed aus?

 

Es geht darum, sich die Bilder von früher nochmals anzusehen und als Erinnerungen zurück zu bringen. Wir hatten eine Menge an Material, das nicht genutzt und niemals gezeigt wurde.

Beim Konzept der Kampagne von Obsessed geht es um die alten Drucke, das Durchsuchen alter Kontaktblätter, die Überarbeitung, Sie wissen schon, das Entdecken neuer Bilder, das erneute Erleben dieser Zeit und dieser Fotos.

 

 

Wie war es für Sie, einen derart wichtigen Moment nochmals zu erleben?

 

Etwas sehr besonderes. Bei diesem Projekt waren viele tolle Menschen involviert, daher ist es ein grosses Vergnügen. Aber es ist natürlich auch sehr emotional…

Eine Menge an alten Erinnerungen zurück zu bringen, das war interessant.

Es ist beeindruckend, diese Augen erneut zu sehen. Ich mag das…

 

 

(Kleiner Einschub, zum Zweiten: Von Kate Moss gibt es meines Wissens keine offizielle Aussage zu diesem Thema. Immerhin nimmt sie die Sache inzwischen scheinbar recht gelassen und posierte bei der Lancierung von Obsessed sogar zufrieden lächelnd mit ihrem Ex für die Fotografen.

Mit anderen Worten: Ein echt duftes Happy End!)