Man könnte es als falsche Bescheidenheit auslegen. Bei Paul Harnn hingegen klingt es irgendwie logisch, wenn er sagt, dass er sich «nicht besonders erfolgreich» fühlt, weil er noch so viel lernen möchte. Obwohl es der als in Bangkok als Vudhichai Harnphanich geborene Begründer eines riesigen Lifestyle-Imperiums – seine Firma Harnn Global ist an über 70 Standorten in 17 Ländern vertreten – nach unseren Massstäben sehr weit gebracht hat.

Harnn allerdings scheint kein Interesse zu haben am Thema «Erfolg». Vielleicht, weil es noch so viel anderes zu erzählen gibt. Wie er vom Architekten zum internationalen Produzenten natürlicher Kosmetika aus Thailand geworden ist zum Beispiel oder was er unter zeitgenössischem Luxus versteht.

Zuerst aber serviert Paul Harnn einen Tee: Aus seinem eigenen Sortiment natürlich, das seit kurzem im neuen Flagshipstore an der Schweizergasse in Zürich erhältlich ist, wo er mir in aller Ruhe meine vielen Fragen beantwortet, die ich für diesen Blogpost sowie meinen Artikel in «Schweiz am Wochenende» vorbereitet habe (coming soon).

 

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Wissen Sie noch, wofür Sie Ihr erstes Gehalt ausgegeben haben?

Aber natürlich! Während meiner Ausbildung in Amerika hatte ich einen Job als Kellner in einem chinesischen Restaurant. Meinen ersten Lohn gab ich im Supermarkt aus. Für Lebensmittel. Essen spielte schon immer eine grosse Rolle in meinem Leben (lacht). Mein ganzer Instagram-Feed ist voll davon…

 

Welches ist für Sie die schönste Sache, die man sich für Geld kaufen kann?

Ich würde sagen: Alles, was geniessen kann. In meinem Fall ist das – Sie ahnen es sicher schon! – Essen, aber auch Reisen, schöne Geschenke oder Kunst…

 

… die Sie ja auch sammeln. 

Das kann man sagen, ja, aber ich kaufe ausschliesslich nach dem Lustprinzip und nie aus strategischen Gesichtspunkten. In meiner Sammlung finden sich darum sowohl sehr teure Gegenstände als auch Objekte, die ich für drei Dollar oder noch weniger auf dem Flohmarkt gefunden habe. Viele meiner Kunstwerke liefern früher oder später die Inspiration für die Verpackung meiner Produkte, auf das ich sehr grossen Wert lege. In dieser Hinsicht bin ich immer noch mit Leib und Seele ein Ästhet.

 

Design war für Sie schon immer von grossem Interesse…

… und letztlich auch der Grund, warum ich einen Abschluss in Architektur gemacht haben an der Universität in Seattle. Es ist ein toller Beruf, den ich sehr gerne ausgeübt habe.

 

Trotzdem haben Sie nach zehn Jahren die Branche gewechselt und wurden Hersteller von Naturkosmetik. Wie kam es dazu? 

Die Bauwirtschaft war stark betroffen von der Asienkrise und darum suchte ich nach einem neuen Geschäftsmodell. Mir war wichtig, dass ich möglichst wenig Eigenkapital investieren musste. Per Zufall stiess ich im Verlauf meiner Recherchen auf ein Buch über die Herstellung von Seifen mit natürlichen Wirkstoffen. In Thailand gab es damals keine Konkurrenz auf dem Gebiet der Naturkosmetik, also nutzte ich meine Chance und gründete meine Firma.

 

Zu Beginn hat Ihr Unternehmen nur für den Export produziert…

… aus dem einfachen Grund, weil sich in Thailand zu jeder Zeit niemand für Naturkosmetik interessierte. Das änderte, als meine Landsleute mit unseren Produkten von Auslandreisen zurück kamen. Plötzlich gab es auch bei uns eine Nachfrage, wobei viele zunächst gar nicht wussten, dass unsere Kosmetik in Thailand produziert wird.

 

In der Beauty-Branche gilt vor allem Korea als Trendbarometer. Inwiefern hat das einen Einfluss auf Ihr Angebot?

Gar nicht, um ehrlich zu sein.

 

Wieso?

Das liegt am klar definierten Schönheitsideal in Korea, dem alle nacheifern. Ich hingegen möchte meiner Kundschaft ermöglichen, ihre persönliche Schönheit zu unterstreichen. Aus diesem Grunde haben wir ein bewusst grosses Angebot an zum Teil sehr unterschiedlichen Produkten im Sortiment.

 

Welche davon stehen bei Ihnen im Bad?

So gut wie alle (lacht). Ich übertreibe nicht, wenn ich Ihnen sage, dass es bei mir daheim aussieht wie in einem unserer Flagshipstores. Die grosse Auswahl ist für mich der Inbegriff von Luxus, denn so kann ich immer nach Stimmung und Tagesform die passenden Produkte wählen.

 

Was ist die beste Beauty-Erfindung, die bisher gemacht wurde?

Ganz einfach: Schlafen. In dieser Zeit repariert sich unser Körper von selbst, man muss ihm einfach die nötige Ruhe dazu geben. Die Natur ist grossartig!

 

Gibt es Beauty-Erfindung, die Ihrer Meinung nach unbedingt noch gemacht werden müsste?

(blickt etwas verdutzt). Nein, ich wüsste nicht was.

 

Wirklich?

Ja, wirklich. Mein Ziel ist es, dass unsere Kundschaft jeden Schritt der persönlichen Schönheitspflege geniessen kann. Mit den passenden Produkten kann nämlich selbst die Dusche am Morgen oder das Abschminken am Abend zu einem schönen Ereignis werden. Im Leben geht es um die kleinen Momente des Glücks, finden Sie nicht auch?

 

Doch, absolut. Im Trubel des Alltags kann allerdings das Bewusstsein dafür schnell mal untergehen. Wofür hätten Sie persönlich gerne mehr Zeit?

(denkt nach). Um ganz ehrlich zu sein: Für nichts. Ich weiss mittlerweile, was es braucht, um genügend Zeit für die Arbeit, die Familie, die Freunde und auch für mich selbst haben.

 

Verraten Sie uns Ihr Geheimnis?

Das ist kein Geheimnis, sondern ganz einfach, glauben Sie mir! Grundsätzlich geht es darum, dass wir uns nur auf die Gegenwart fokussieren sollten. Die Zukunft liegt vor uns, die Vergangenheit ist schon vorbei, da macht es keinen Sinn, sich damit zu beschäftigen. Ich habe das während eines Meditation-Seminars gelernt, es war wirklich befreiend. Statt meine Energie mit unnötigen Gedanken über die Vergangenheit oder die Zukunft zu verschwenden, konzentriere ich mich auf das, was ich gerade mache. Mein Leben ist seither komplett in Balance…

 

… obwohl Sie durch Ihren Beruf ständig unterwegs sind. Welches ist der wichtigste Tipp beim Reisen?

Das Essen nicht vergessen. (lacht) Ich sage das nicht nur, weil ich selbst leidenschaftlich gerne esse und koche, sondern vor allem auch weil ich gelernt habe, dass man eine fremde Kultur am besten über das Essen kennenlernt. Darum freue ich mich jetzt schon auf das Abendessen hier – vielleicht gehe ich ein Fondue essen, das mag ich sehr. Sobald dieses Gespräch fertig ist, werde ich mich darum kümmern.

 

Dafür habe ich grösstes Verständnis und möchte Sie darum auch nicht mehr lange aufhalten. Eine Frage aber habe ich noch zum Schluss: Was verstehen Sie persönlich unter Schönheit?

Vieles, was heute als schön gilt, ist oft eine Frage des Geldes, das man je nach Budget und Vorliebe in einen guten Haarschnitt, Kleider, Make-up, Schmuck oder Beauty-Treatments investieren kann. Mit echter Schönheit hat das meiner Meinung nach aber nichts zu tun, denn die äussert sich darin, wie man sich selbst und vor allem auch sein Umfeld behandelt.