Mit Chanel auf den Spuren der Kamelie
Mit dieser Frage zum Auftakt in unser Gespräch hat er vermutlich nicht gerechnet. «Warum Mademoiselle Chanel die Kamelie so liebte? Das hat sie selbst nie erzählt», antwortete mir Chanel-Experte Nicola Fuzzati bei unserem Treffen im Südwesten Frankreichs unlängst. Eine mögliche Erklärung sei, dass sie sich selbst in der Blume wieder fand. «Wie die Kamelie, die im Winter blüht, war auch Gabrielle Chanel immer ihrer Zeit voraus.» Bereits 1913 habe sich Mademoiselle Chanel erstmals eine weisse Kamelie an ihren Gürtel geheftet und so zum Symbol ihrer Firma gemacht.
«Die meisten Menschen verbinden mit der Kamelie in erster Linie die emblematische Blume von Mademoiselle Chanel. Wegen ihrer aussergewöhnlichen Widerstandsfähigkeit gegenüber Winterfrost interessiert sich die Chanel-Forschung aber auch schon seit langer Zeit für die botanischen Eigenschaften der Kamelie», so Nicola Fuzzati weiter. «Um noch mehr zu erfahren, arbeitet Chanel darum seit 1998 mit dem Botanikmeister Jean Thoby zusammen, der nur wenige Kilometer von hier über 2’000 Kameliensorten aus aller Welt kultiviert».
Stattgefunden hat das Beauty-Date mit dem Direktor für Innovation und Entwicklung von Aktivstoffen bei Chanel im Labor von Gaujacq, wo an diesem schönen Frühlingstag nach einem Rundgang über Jean Thoby’s Pflanzenobservatorium die zweite Etappe meiner Reise durch die Welt der Kamelien begonnen hatte.
«Was unsere Wissenschaftler:innen bei ihren Forschungen entdeckten, übertraf alle Erwartungen. Die Kamelie ist mehr als eine prächtige Blume, sie ist aufgrund ihres grossen Reservoirs an ganz unterschiedlichen Molekülen ein wahrer botanischer Schatz», erzählte mir Fuzzati mit einer Leidenschaft, die mich trotz meiner fast schon pathologische Abneigung gegen Naturwissenschaften derart berührte, dass ich diese Gelegenheit für ein ausführliches Fachgespräch voller Freude nutzte. Und Dir daraus für diesen exklusiven Blogpost die wichtigsten Fakten als FAQ zusammengetragen habe, in den wir nun mit ein paar Eindrücken dieses unvergesslichen Ausflugs mit Chanel einsteigen.
Welches sind die wichtigsten botanischen Merkmale von Kamelien?
«Es gibt unzählige Kamelienarten mit vielen verschiedenen Farbschattierungen und Formen. Im Gegenteil zu den asiatischen Herkunftsländern der Kamelie, wo die Blume als Nutzpflanze gilt, werden Kamelien in Europa vor allem als Garten- und Zierpflanzen verwendet. Das ist insofern erstaunlich, weil gewisse Sorten für die Kosmetik-Industrie sehr spannend sein können. Das Haus Chanel hat durch seine Forschungen auf diesem Gebiet darum ein Stück Pionierarbeit geleistet.»
Was macht die Kamelie für Chanel-Beauty einzigartig?
«Für die Chanel-Hautpflege begann die Geschichte mit der weissen Kamelie: Camellia japonica alba plena, welche das Herzstück der Linie Hydra Beauty bildet. Der Grund dafür sind leistungsstarke Moleküle in der Pflanze, welche aussergewöhnliche feuchtigkeitsspendende Eigenschaften aufweisen.
Während unseren langjährigen Forschungsarbeiten entdeckten wir eines Tages auch die Kraft der roten Kamelie, dem Star-Inhaltsstoff der neuen Kosmetik-Linie Chanel N° 1. Sie ist besonders reich an Protocatechusäure, einem aktiven Molekül mit revitalisierender Wirkung, das in den bisher von uns analysierten Kamelien nicht vorkam.»
Chanel hat seit 1998 eine Kooperation mit dem Kamelien-Experten Jean Thoby zusammen. Warum gerade mit ihm?
«Jean Thoby gehört weltweit zu den führenden Botanikern auf diesem Gebiet. Seine Familie beschäftigt sich seit fünf Generationen mit der Pflanzenwelt, sein Fachwissen ist riesig. Die Zusammenarbeit mit ihm ermöglichte uns die Durchführung verschiedener Experimente, Probenahmen und Anpflanzungen. Diese Versuche sowie der rege Austausch führten unter anderem zum ersten Anbau der Kamelie „Japonica Alba Plena“, die es sonst vermutlich nicht mehr gäbe.»
Der Anbau von Kamelien für Chanel auf der nahen Kamelienfarm von Philippe Grandy erfolgt nach strengen ökologischen Anforderungen. Wieso?
«Durch die Integration von Bäumen und Sträuchern auf den Kamelien-Feldern wird das Gleichgewicht und die Widerstandsfähigkeit der Ökosysteme nachweislich gestärkt. So bieten die höheren Pflanzen den Kamelien nicht nur leichten Schatten, sondern auch Schutz gegen Krankheiten sowie natürliche Feinde. Auf die Dauer verbessert sich durch diese Art der Landwirtschaft auch die Fruchtbarkeit des Bodens sowie der Nährstoffgehalt der Erde. Davon profitiert nicht nur die Umwelt, sondern auch die Qualität der Pflanzen.»
Die Kamelie ist mehr als eine prächtige Blume, sie ist ein wahrer botanischer Schatz
Nicola Fuzzati
All das passiert aber nicht von heute auf morgen…
«…das stimmt. Kommt dazu, dass Kamelien sehr langsam wachsen. Sowohl die Entwicklung als auch der Anbau von Kamelien erfordern entsprechend viel Zeit und ein langfristiges Engagement. Im grossen Bild profitiert davon sowohl die Umwelt als auch die Qualität der Pflanzen.
Diese Philosophie zieht sich insbesondere bei Chanel N° 1 wie ein roter Faden durch die gesamte Kollektion, angefangen vom Anbau der Rohstoffe über das ökologisches Verpackungsdesign für einen reduzierten CO2-Fussabdruck bis hin zur Formulierung der Produkte mit bis zu 97 Prozent natürlichen Wirkstoffen.
Ganz im Sinne von Gabrielle Chanel’s ganzheitlicher Vision sehen wir Nachhaltigkeit als zentrales Thema, das wir auf allen Ebenen umsetzen.»
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