Detox: Hype oder echter Frühlings-Boost? Was wirklich hilft – laut Expertinnen
Frühling, das war während meiner Anfänge als Journalistin jene Zeit, in der gefühlt jeden zweiten Tag ein neues Produkt für eine schlanke Silhouette oder straffe Konturen lanciert wurde. Gut zwei Jahrzehnte später landen kaum noch entsprechende Medienmitteilungen im sonrisa Hauptquartier, was mich zur Schlussfolgerung bringt, dass sich mit Anti-Cellulite-Mitteln nicht mehr so viel Geld verdienen lässt wie auch schon.
Sehr lukrativ hingegen scheint das Geschäft rund um das Thema «Detox» zu sein, das jeweils im Frühling so zuverlässig auf allen Kanälen aufploppt wie die ersten Blümchen auf der Wiese im Stadtpark. Passend dazu werden Produkte in Form von Nahrungsergänzungsmitteln, Kapseln, Kursen, Säften, Büchern oder Kuren vermarktet. «Die weltweite Nachfrage nach natürlichen und funktionalen Lebensmitteln und Getränken steigt, wobei Bio-Entgiftungstees, -säfte und -ergänzungen eine große Anziehungskraft ausüben und erhebliche Investitionen anziehen», heisst es in einem Bericht auf fmi über den globalen Markt für Detox-Produkte. Experten sagen für diesen Markt bis 2034 einen Anstieg auf satte 68,54 Milliarden US-Dollar voraus.
Als Laie ist es darum je länger, je schwieriger, den Überblick zu behalten, zumal nicht alle Produkte und Therapie das halten, was sie versprechen. Um den Mythos von der Wissenschaft zu trennen, habe ich bei Prof. Dr. med. Saskia Rohrbach, Ernährungsmedizinerin und Longevity-Expertin beim Institut everskin, sowie Andrea Hager, Ernährungstherapeutin und Mitbegründerin des ganzheitlichen Ernährungs-Shops Mana, nachgefragt. Das Ergebnis: Ein Profi-Guide, der Dir hilft beim Navigieren durch den Detox-Dschungel.


Detox-Trend 2025: Was wirklich entgiftet – laut Wissenschaft
Warum Detox im Frühling so populär ist
Ob durch das Verbrennen einer Pappfigur, deren Name verdächtig viel Ähnlichkeit hat mit dem eidgenössischen Wort für «Popel» oder das gegenseitige Bewerfen mit Farbpulver: Der Frühling steht symbolisch für Neuanfang und Erneuerung. Nach einem langen Winter, geprägt von weniger Bewegung und vielleicht der einen oder anderen kulinarischen Sünde, verspüren darum viele Menschen den Wunsch, in irgendeiner Form Ballast loszuwerden. Den Körper «neu zu starten». Einen Reset zu machen, wie es auf Neudeutsch so hübsch heisst.
«Der moderne Detox-Trend ist eine Reaktion auf unseren Lebensstil – geprägt von übermässigem Konsum von Genussmitteln, Industriezucker und stark verarbeiteten Lebensmitteln. Gleichzeitig wächst das Bewusstsein für Umweltgifte, Zusatzstoffe und die Auswirkungen von Alltagsstress auf unsere Gesundheit. Grundsätzlich ist das immer möglich», ordnet Andrea Hager ein. Doch speziell Tees, Säfte oder Nahrungsergänzungsmittel sind nicht zwingend erforderlich, sagt Saskia Rohrbach: «Der Körper besitzt ein hochentwickeltes Entgiftungssystem mit Leber, Nieren, Darm, Haut und Lymphsystem. Unter normalen Bedingungen reicht das aus.»
Den Körper beim Detox-Prozess unterstützen
Da die Menschheit sich infolge der Industrialisierung aber immer weniger bewegt und deutlich mehr schädlichen Umwelteinflüssen ausgesetzt ist, macht es gemäss den beiden Expertinnen bisweilen durchaus Sinn, den Körper beim natürlichen Entgiftungsprozess zu unterstützen.
«Mit zunehmendem Alter oder durch Faktoren wie schlechte Ernährung, Umweltgifte und Stress kann die körpereigene Entgiftung an Leistungsfähigkeit verlieren. Besonders problematisch sind stille Entzündungen, die durch zu viel Zucker, vitalstoffarme Ernährung, entzündungsfördernde Lebensmittel oder chronischen Stress entstehen», sagt Hager. «Ist der Körper ständig damit beschäftigt, diese Entzündungen zu bekämpfen, arbeitet unser System unter Dauerbelastung – was langfristig zu gesundheitlichen Beschwerden führen kann.»
Ist das der Fall, könne eine Detox-Kur darum durchaus Abhilfe schaffen.

Die richtige Methode für mehr Wohlbefinden
Die optimale Methode – das liegt auf der Hand – hängt letztlich vom Lebensstil und den persönlichen Bedürfnissen eines Menschen ab, fügt die Mana-Begründerin hinzu. «Eine berufstätige Mutter mit wenig Spielraum wird eine andere Herangehensweise benötigen als jemand, der seinen Tagesablauf flexibel gestalten kann.» Wichtig sei nicht eine kurzfristige, radikale Massnahme durch kompletten Nahrungsverzicht, sondern eine langfristige Ernährungsweise, welche den Körper kontinuierlich unterstützt.
Der Fastenprozess im Körper: Ein natürlicher Mechanismus
Auch wenn der menschliche Körper von Natur aus darauf programmiert ist, mit Phasen des Hungers und des Überflusses umzugehen, rät Longevity-Profi Saskia Rohrbach ab vor selbstständigem Fasten über längere Zeit. «Als Reaktion darauf mobilisiert der Stoffwechsel jeweils die im Körper gespeicherte Energie und senkt den Verbrauch. Das macht Sinn, es kann jedoch auch dazu führen, dass der Körper auf Muskelprotein zurückgreift, und das wollen wir vermeiden», betont die Medizinerin, die darum das sogenannte Intervallfasten als interessante und auch alltagstaugliche Detox-Alternative empfiehlt. Ihre Begründung: «Durch den Wechsel zwischen Essens- und Fastenphasen bleibt der Stoffwechsel aktiv, Muskelabbau wird verhindert, und der berüchtigte Jo-Jo-Effekt bleibt aus».
Ausserdem würden wissenschaftliche Studien aufzeigen, dass Kurzzeitfasten den Zucker- und Fettstoffwechsel verbessert und entzündungshemmende Stoffe freisetzt, so die Expertin weiter.
«Der Körper besitzt ein hochentwickeltes Entgiftungssystem mit Leber, Nieren, Darm, Haut und Lymphsystem. Unter normalen Bedingungen reicht das aus.»
Autophagie: Das Recycling-Programm des Körpers
Eine zentrale Rolle bei diesem Prozess spielt die sogenannte Autophagie: «Nach etwa 14 Stunden ohne Nahrung startet der Körper ein Recyclingprogramm für geschädigte Zellbestandteile, was sogar den Alterungsprozess verlangsamen könnte», sagt Rohrbach. «Intervallfasten ist nicht nur eine einfache Methode, um das Essverhalten zu verändern, sondern hat auch viele gesundheitliche Vorteile»“, bestätigt Andrea Hager. Wichtig sei die richtige Umsetzung, weil nur dann der Körper optimal profitieren könne.
Intervallfasten: Varianten für unterschiedliche Bedürfnisse
Intervallfasten hat sich gemäss Rohrbach darum als eine der beliebtesten Methoden etabliert, um den Körper gesund zu halten. «Bei dieser Ernährungsweise wechselt man zwischen Phasen des Fastens und der Nahrungsaufnahme.» Anwenden lässt sich dieses Prinzip in verschiedenen Varianten:
- 16:8-Methode: 16 Stunden Fasten, 8 Stunden Essenszeit. Diese Methode ist besonders alltagstauglich und lässt sich gut in den Alltag integrieren.
- 5:2-Methode: An fünf Tagen in der Woche wird normal gegessen, an zwei Tagen wird die Kalorienzufuhr stark reduziert.
- Alternate-Day-Fasting: Ein Wechsel zwischen normalen Tagen und Fastentagen, an denen nur sehr wenige Kalorien zugeführt werden. Diese Methode erfordert etwas mehr Disziplin.
«Studien zeigen, dass Intervallfasten nicht nur beim Gewichtsmanagement hilft, sondern auch das Risiko für Diabetes Typ 2 und Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken kann», ergänzt sie. «Das Intervallfasten bietet also viele gesundheitliche Vorteile, vorausgesetzt, es wird verantwortungsbewusst praktiziert.»
Vorsicht bei Extremmethoden
Obwohl Intervallfasten viele Vorteile mit sich bringen kann, ist es nicht für jeden geeignet, wie sowohl Rohrbach als auch Hager betonen. Menschen mit niedrigem Blutdruck, Stoffwechselerkrankungen oder chronischen Leiden etwa sollten vorab ärztlichen Rat einholen. In Schwangerschaft und Stillzeit sowie bei Essstörungen ist Intervallfasten generell nicht zu empfehlen.
«Es kommt darauf an, wie der Körper auf Fasten reagiert. Frauen haben nämlich einen anderen Stoffwechsel und es kann darum sein, dass sie sensibler auf die Energiezufuhr durch unsere Ernährung reagieren als Männer», erklärt Andrea Hager. «Die Essensphasen sollten nicht ausserdem dazu genutzt werden, ungesunde Lebensmittel in grossen Mengen zu konsumieren. Eine ausgewogene Ernährung ist essenziell.»
Frühjahrsputz für den Körper: Detox als Lifestyle
Es bleibt die Frage, ob es wirklich immer einen Detox-Plan braucht, um sich leichter und energiegeladener zu fühlen. Die Wissenschaft sagt: nicht unbedingt. Ein gesunder Lebensstil mit ausgewogener Ernährung, Bewegung und ausreichend Schlaf ist oft die effektivste Detox-Methode.
Ebenfalls wichtig sind gemäss Hager regelmässige Pausen zwischen den Mahlzeiten, um den zellulären Selbstreinigungsprozess – siehe oben – zu ermöglichen. «Für Autophagie kann man, aber muss nicht zwingend tagelang oder täglich 16 Stunden fasten. Auch Sport kann diesen Vorgang im Körper auslösen. Es sollte sich einfach gut anfühlen».
Natürliches Detox ohne strikte Fastenregeln
Wer die Sache mit dem Detox-Hype erst einmal langsam angehen möchte, für den habe ich zum Abschluss gute Nachrichten in Form von einfachen Profi-Hacks, die sich einfach in den Alltag integrieren lassen und keine speziellen Therapien, Produkte oder Kuren erfordern:
- Protein zuerst: Die Mahlzeit mit Eiweiss – etwas mit Hülsenfrüchten oder Nüsse – beginnen für langanhaltende Sättigung.
- Bewegung nach dem Essen: Ein kurzer Spaziergang nach dem Essen fördert den Blutzuckerstoffwechsel und verhindert den berüchtigten Glukose-Crash.
- Genügend trinken: Wasser und ungesüsster Tee helfen, Stoffwechselprodukte effizient auszuscheiden.
- Verarbeitete Mahlzeiten durch frische Lebensmittel ersetzen: Alle Produkte, bei denen die Rohstoffe nicht mehr erkennbar sind, sollte man wenn überhaupt nur in kleinen Mengen geniessen.
- Bitterstoffe als Beauty- und Gesundheitsbooster: Radicchio, Chicorée, Brokkoli, Kaffee, aber auch dunkle Schokolade (hurra!) enthalten Bitterstoffe, welche die Verdauung anregen, das süsse Glüschtli mindern und durch antioxidative sowie entzündungshemmende Eigenschaften nicht nur schön machen, sondern auch das Immunsystem stärken.
Yap, Darling, das ist so einfach wie es tönt. Wenn Du dazu eine allfällige Fastenphase nicht jedes Mal mit der doppelten Menge Croissants kompensierst, steht einem schwungvollen Start in den Frühling nichts mehr im Weg.

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