Polynucleotide: Die Trend-Behandlung in der Beauty-Welt
Bei meinem ersten Mal musste ich mich ein wenig überwinden. Oder zumindest ziemlich weit aus meiner kulinarischen Komfortzone hinaus, in der zu jener Zeit weder Algen noch mit Essig angesäuerter Reis und schon gar nicht roher Fisch auf dem Speiseplan standen. Die Rede ist von Sushi-Rollen, die es während den frühen Nullerjahren auf den Radar oder besser: die Teller einer breiten Öffentlichkeit schafften, was, so weit ich mich erinnere, vor allem vielreisenden Hipstern mit grossem Sendungsbewusstsein zu verdanken war («immer wenn ich in Japan bin, bestelle ich Sushi. Probier es auch mal, das schmeckt klasse!»).
Ebenfalls um Fische geht es bei einem Wirkstoff in der ästhetischen Medizin, der grad überall als neuer, besonders wirksamer Geheimtipp für schön pralle Haut abgefeiert wird und sowohl unter dem Fachwort «Polynucleotide» oder dem deutlich einprägsameren Begriff «Lachssperma» die Runde macht.
«Polynucleotide sind aus unterschiedlich langen Nukleinsäure-Bestandteilen verknüpfte Ketten, ähnlich wie die DNA und RNA, also unser Erbgut in den Zellkernen. Sie werden in der Regel aus Fisch gewonnen (z.B. Lachs) und fördern über Signale an die Bindegewebszellen oder Fibroblasten die Produktion von körpereigenem Kollagen und elastischen Fasern. Man kann sie der Gruppe der Biostimulatoren zuordnen», erklärte mir Dr. Stefan Duve, Facharzt für Dermatologie (unter anderem an der Clinic Utoquai), während eines gemeinsamen Lunch unlängst, als ich mich nach dem neuesten Trend auf seinem Fachgebiet erkundigt hatte.
Darauf gekommen sei man übrigens schon vor längerer Zeit durch Hauttransplantationen mit Fischhaut nach schweren Verletzungen, da diese sehr gut biokompatibel ist mit dem menschlichen Körper und sich entsprechend gut eignet zur Förderung der Wundheilung, so Stefan Duve weiter.
Fasziniert vom Potential dieser Polynucleotide – wir bleiben hier mal hübsch beim offiziellen Namen, ist das gut für Dich, Darling? –, habe ich die Gelegenheit genutzt und Stefan Duve beim Kaffee später darum gebeten, mir für diesen Beitrag die wichtigsten Informationen zusammenzufassen über jene Substanz, welche sein ebenfalls auf ästhetische Eingriffe spezialisierter Kollege Dr. Ashwin Soni aus den USA unlängst im Interview mit Harper’s Bazaar als «treatment that will take the world by storm» bezeichnete.
*Titelbild über Freepik über LipstickStockMedia.
Worin unterscheidet sich die Behandlung mit Polynucleotiden von anderen Behandlungen wie etwa Filler, Skin Boosters oder bereits bekannten Biostimulatoren?
«Im Unterschied zu Fillern handelt es sich bei den Polynucleotiden nicht um Präparate zum schnellen Volumenaufbau wie z.B. an Lippen oder Wangenknochen, sondern um Produkte zur Verbesserung von Hautstruktur und Festigkeit sowie zur Behandlung von kleineren Falten», sagt Stefan Duve. Am ehesten könne man darum Polynucleotide mit sogenannten Skin Boosters vergleichen. «Hier sehe ich in den Polynucleotiden, vor allem in Kombination mit Hyaluronsäure, eine Weiterentwicklung und eine deutliche Verbesserung der Ergebnisse.»
Für wen eignet sich eine Behandlung mit Polynucleotiden?
«Ich empfehle Polynucleotide allen Menschen, die ihr Hautbild verbessern möchten, etwa bei Trockenheits- und Altersfältchen sowie sonnengeschädigter Haut», heisst es dazu von Stefan Duve. Auch in Kombination mit anderen ästhetischen Eingriffen wie etwa mit Hyaluronsäure, Laser- oder Peeling-Behandlungen könnten Polynucleotid-Präparate optimale Ergebnisse bringen. «Sie sind für mich ein perfektes Add-on.» Nicht angewendet werden sollten die Produkte hingegen bei bestimmten Allergien – auf Fischeiweisse zum Beispiel – und bei unrealistischer Erwartungshaltung.
Welches sind die Risiken einer Unterspritzung mit Polynucleotiden?
«Wie bei allen Eingriffen dieser Art kann es zu vorübergehenden Schwellungen und Blutergüssen sowie allergischen Reaktionen auf einen Inhaltsstoff kommen», so Stefan Duve. «Gravierende Nebenwirkungen sind jedoch nur bei falscher bzw. grobfahrlässiger Anwendung durch den Arzt möglich.»
Und: «Da die Behandlung mit extrem dünnen und feinen Nadeln durchgeführt wird, ist diese nach vorheriger Anwendung einer Betäubungscreme schmerzarm.» Nach Dr. Duves Erfahrung empfinden darum nur extrem schmerzempfindliche Patient die Behandlung als unangenehm.
Ein gutes Stichwort: Woran sind Fachpersonen mit ausreichend Erfahrung erkennbar?
«Da gibt es verschiedene Ansätze. Die Mund-zu-Mund-Propaganda ist meist ein guter Indikator, ebenso wie das Zitieren in der Fachpresse, und natürlich sollte man sich vor dem Eingriff mit sämtlichen Fragen direkt an die Ärztin oder den Arzt wenden.»
Können und sollten sich Patient:innen vorbereiten auf einen Eingriff mit Polynucleotiden?
«Für alle Beauty-Behandlungen gilt, dass im Vorfeld auf blutverdünnende Medikamente verzichtet werden sollte. Nach der Behandlung sollte man während mindestens einer Woche die Sonne meiden.»
In welchen Bereichen werden die besten Resultate erzielt mit Polynucleotiden?
«Grundsätzlich ist der Einsatz von Polynucleotiden an allen Körperstellen möglich. Besonders gute Ergebnisse sehen wir einerseits an den Augen bei Falten im Augen- sowie Unterlidbereich und andererseits an Hals und Ausschnitt», sagt Stefan Duve. «Bei anderen Biostimulatoren kam es hier schnell einmal zu starken Schwellungen oder einer Reizung der Haut.» Zur Behandlung von Falten in diesem Bereich seien Polynucleotide entsprechend mittlerweile die erste Wahl bei Fachleuten.
Wie schnell dauert es, bis erste Veränderungen sichtbar werden?
«Erste Resultate sieht man in der Regel bereits nach wenigen Tagen in Form einer besseren Durchfeuchtung der Haut», sagt Stefan Duve, der für ein sehr gutes Ergebnis zu zwei bis drei Behandlungen im Abstand von vier bis sechs Wochen empfiehlt. «Die Haltbarkeit nach drei Behandlungen beträgt dann ungefähr sechs Monate.»
Grundsätzlich ist der Einsatz von Polynucleotiden an allen Körperstellen möglich. Besonders gute Ergebnisse sehen wir einerseits an den Augen bei Falten im Augen- sowie Unterlidbereich und andererseits an Hals und Ausschnitt
Stefan Duve
Duve persönlich, übrigens, kombiniert Polynucleotide sehr gerne mit Hyaluronsäure, mit Laser- und Peeling-Behandlungen. «Dieser „Rundum-Approach“ bringt optimale Ergebnisse», erzählte er mir zum Abschluss über dieses vielversprechende Treatment, das ich, glaub’s auch, bald mal im Praxistest ausprobieren möchte. Auch wenn ich mich dafür einmal mehr aus meiner Komfortzone verlassen muss, da mir der Gedanke an die Herkunft dieser Polynucleotide etwas speziell vorkommt. So wie damals bei meinen ersten Sushi-Rollen, die – und das wird auch in diesem Fall garantiert passieren – mittlerweile ganz weit oben auf der Liste meiner Lieblingsspeisen stehen.
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