Eine der grössten Herausforderungen für mich als Journalistin sind Texte über Menschen, die mich besonders inspirieren.

Susanne Kaloff etwa, deren Kolumne in der deutschen Grazia ein wichtiger Grund ist, warum das Magazin seit einer halben Ewigkeit zu meiner Pflichtlektüre am Wochenende gehört.

Weil die Journalistin und Autorin darin so unterhaltsam, feinsinnig, reflektiert, witzig und intelligent über ihr Leben schreibt, dass ich über die Jahre einen kleinen Girlscrush entwickelte auf Suse, wie sie sich bei unserer Treffen in Hamburg unlängst vorstellte: Mit einem angenehm festen Händedruck und einem derart gewinnenden Lachen, das mich endgültig zum Fangirl machte, wie man so schön sagt auf Neudeutsch. Und mich gleichzeitig vor die Frage stellte: Wie schreibe ich eine Einleitung zum Interview mit dieser wunderbaren Frau, ohne dabei ständig in Superlative an der Grenze zum Kitsch zu verfallen?

Die Antwort: Indem ich Dich von meinen Gedankengängen während unseres Gespräches verschone («Sie ist so eine unglaublich coole Socke, am liebsten würde ich mir ein Freundschaftstattoo stechen lassen mit ihr!») und stattdessen Suse reden lasse. Über Ihr neustes Buch «Nüchtern betrachtet war’s betrunken nicht so berauschend», in dem sie über ein ganz spezielles Experiment schreibt, das im weitesten Sinne auch etwas mit Beauty zu tun hat.

 

https://www.fischerverlage.de/buch/nuechtern_betrachtet_war_s_betrunken_nicht_so_berauschend/9783104905877

 

Vor allem aber – und so viel Schwärmerei muss einfach sein! – ist das Buch der gedruckte Beweis für das Talent von Suse, die in Realität noch viel toller ist als ich mir das je vorstellte und der ich an dieser Stelle von ganzem Herzen danken möchte: Für ihre Zeit, für dieses Interview und für ihre vielen wunderbaren Texte, die mich immer wieder anspornen, mein Bestes zu geben.

 

Autorin Suse Kaloff redet auf sonrisa über Abstinenz, einsame Silvesternächte und den ultimativen Glow.

 

 

Die Inspiration zu Deinem dritten Buch «Nüchtern betrachtet war’s betrunken nicht so berauschend» lieferte der so genannte «Sober-Trend» aus den USA. Ist Abstinenz wirklich «the new thing»?

Es gibt ja alle Nas’ lang einen neuen Trend, was gesund, böse oder sagenhaft sein soll. Der Auslöser, es mal ohne Alkohol auszuprobieren, war für mich sicher die ein oder andere Soberlady, die ich auf Instagram entdeckte, am Ende geht es aber nicht darum, einem Hype zu folgen, sondern meiner inneren Stimme. Und die sagte laut und deutlich: «Cool, mach das mal!» Und dann machte ich es. Bis heute.

 

 

Für Dein neustes Buch hast Du als Selbstversuch während eines Jahres auf Alkohol verzichtet. Welches waren die größten Herausforderungen dabei?

Bei mir zu bleiben anstatt mich darum zu kümmern, was die Anderen möglicherweise von mir und meiner Abstinenz halten. Die Sorge, nicht dazuzugehören, und dabei nicht mal so genau zu wissen, zu was ich gehören will. Zu unterscheiden zwischen dem, was mir wirklich guttut, und dem, was andere für gutheißen. Ach ja, und das erste Silvester mit Mineralwasser war auch eine harte Hürde. Aber wenn die genommen ist, wird’s kinderleicht.

 

 

Inwiefern hat dieses Projekt Dein Leben verändert?

Ich habe mich anfangs sehr zurückgezogen, das muss man nicht, aber hatte sicher auch damit zu tun, dass ich ein Buch darüberschrieb, und davon niemandem erzählt habe. War also sehr alleine mit meinen Beobachtungen, Erlebnissen und Erkenntnissen. Aber in Stille zu sein, mit sich, mehr innen als im Außen, hat ja den Nebeneffekt, dass man sich selbst näherkommt, sich besser kennenlernt. Das halte ich für etwas sehr Wertvolles.

 

 

Wie wichtig war Alkohol in Deiner Vergangenheit?

Nicht lebensnotwendig, aber doch so relevant, dass er anwesend war: der Champagner an Festen, der Rosé mit Freundinnen, der Gin Tonic bei Dates, der Prosecco an Sommerabenden, der Rotwein im Winter. Selbst, wenn ich manchmal wochenlang keinen Alkohol trank, konnte ich mir nicht vorstellen, ihn komplett zu streichen.

 

 

Hast Du den Verzicht auf Alkohol irgendwie anderweitig kompensiert?

Ja, mit viel mehr Süßigkeiten als sonst. Dann folgte ein neues Hobby: Nächtelang vorm Bildschirm kleben, auf der Suche nach Designer Vintage Klamotten aus den Seventies. Mehr Sport auf jeden Fall, weil ich einfach plötzlich so irre viel Zeit (und Energie) hatte, dadurch, dass ich weniger ausging. Aber das reguliert sich alles.

 

 

Obwohl Dein Selbstversuch nach einem Jahr offiziell zu Ende war, rührst Du immer noch keinen Alkohol an. Ist das nicht ein wenig extrem? Du könntest ja auch einfach nur noch wenig trinken…

Interessant, dass mir diese Frage häufig gestellt wird. Einen Vegetarier, Veganer oder Ex-Raucher würde man das nicht fragen, oder? Dass Alkohol nicht wirklich etwas Gutes für uns tut, steht fest. Dennoch macht es meinem Umfeld Sorge bis Angst, dass ich nicht mal so ein kleines Gläschen trinke. Alkohol ist die einzige Droge, bei der man sich rechtfertigen muss, wenn man sie nicht nimmt. Stell dir das mal bei einer anderen vor: „Was du kokst nicht, nie? Nicht mal an runden Geburtstagen?“ Aber habe mich an diese Fragen gewöhnt. Ich halte mein Nichttrinken nicht für extrem, sondern für eine der besten Entscheidungen meines Lebens. Und ja, wenn ich ganz große Lust bekomme, einen Schluck zu trinken, dann würde ich das tun. Habe ich nur einfach nicht mehr nach beinahe zwei Jahren.

 

 

Was ist das beste am Leben ohne Alkohol?

Keinen Kater zu haben, immer genau zu wissen, was gesagt, gefühlt, getan wurde. Die Schärfe, die Milde, die Klarheit im Oberstübchen und im Leben. Aber am allerschönsten daran ist: Diese Selbstloyalität. Dieses sich selbst treu sein, no matter what, no matter who.

 

 

Ich selbst habe während des Lesens Deines Buches mit leichtem Staunen realisiert, dass mein Konsum von Alkohol in den vergangenen Jahren massiv abgenommen hat. So sehr, dass ich sogar manchmal von meinem Umfeld darauf angesprochen werde. Warum beschäftigt es andere Menschen so sehr, wenn jemand nicht trinkt?

Weil man ihnen ungewollt den Spiegel vorhält, weil es eine Alternative aufzeigt: Wir müssen nicht trinken. Aber wir tun es, immerzu. Und weil das Nichttrinken von manchen als Affront angesehen wird, ein Mineralwasser auf einer Party inmitten von Champagner und Co. ist ein Statement, eine Haltung, kein Angriff. Mir jedenfalls ist egal, ob andere trinken, ich sehe, was ich sehe, aber bewerte es nicht. Jeder in seiner Kapazität.

 

Alkohol, so sagen Experten, ist ein echter Beauty-Killer, welcher den Organismus austrocknet, die Talgproduktion anregt, die Haut ins Ungleichgewicht bringt, Vitamine zerstört und angeblich sogar zu Haarausfall führen kann. Als Beauty-Bloggerin drängt sich bei natürlich sofort die Frage auf, ob im Umkehrschluss der Verzicht auf Alkohol ein Beauty-Booster ist?

Natürlich ist das die erste Sache, die Frauen beschäftigt, wenn sie davon hören. Ich schließe mich da nicht aus. Der Schlaf verbessert sich enorm, wird tief, fest und ruhig, das hat Folgen auf das Allgemeinbefinden. Mehr Sport macht robuster. Das Nervensystem wird stabiler, wenn man aufhört, Nervengift in sich reinzuschütten als sei es ein super Hyaluron-Drink. Auch Kollagen wird durch Alkohol abgebaut. Dennoch ist der Effekt des Nichttrinkens nicht so plakativ wie eine Botox Injektion, aber er ist tief und langanhaltend. Schönheit hat für mich wenig mit einer spiegelglatten Stirn zu tun, sondern nur mit Energie.

.Wenn die wie ein Kronleuchter strahlt, weil man weiß, wer man ist, braucht man weder Concealer noch Filter. Oder wie es Kundalini Meister Yogi Bhajan mal sagte: «A woman has to learn the fundamental truth that she is she and she has her own design, her own consent, her own self, her own life, her own projection, and her own beauty.»

 

Autorin Suse Kaloff redet auf sonrisa über Abstinenz, einsame Silvesternächte und den ultimativen Glow.