Cortisol Face: Ärzt:innen ordnen ein und liefern die Fakten zum viralen Trend
Etwas vom faszinierendsten an den Sozialen Medien finde ich die Tatsache, wie mit gutem Marketing selbst alltägliche Phänomen zum viralen Trend werden. Der gute, alte Stress etwa bekam auf TikTok erst unlängst ein Rebranding durch den Begriff «Cortisol Face», das wir angeblich bekommen, wenn sich die Anstrengungen des Lebens durch verschwommene Konturen und fahlen Hautton im Spiegel bemerkbar machen.
Die Logik hinter dem Buzzword, das auffällig dort auftaucht, wo gegen Geld auch grad eine Lösung dagegen angeboten wird: Da uns schon ein bisschen Stress schnell älter aussehen lässt, als wir sind, führt ganz viel Stress als Konsequenz davon zu einem fast komplett neuen Gesicht.
Dabei, das schon einmal vorweg, handelt es sich beim Hormon Cortisol salopp gesagt einfach um einen biochemischen Überperformer, der seinen Job manchmal ein bisschen zu ernst nimmt.
Doch TikTok wäre nicht TikTok, wenn es nicht mit dramatischen Vorher-nachher-Warnungen um sich werfen würde: mal aufgedunsen, mal so blass wie roher Blätterteig und gerne auch mal «Ich schwöre, ich hatte gestern noch Wangenknochen». Wer da beim morgendlichen Blick in den Spiegel nach einer kurzen Nacht cool bleibt, hat entweder einen beneidenswert stabilen Serotoninspiegel oder einen sehr guten Concealer.
Ich selbst verlasse mich bei der Übernahme von medizinischen Begriffen durch das Internet, nur ungern auf meist selbst ernannte Expert:innen. Und schliesse mich stattdessen lieber mit gut ausgebildeten Fachleuten zusammen für einen Fakten-Check, in dem Hormone mehr sind als nur Hashtags.

Cortisol: Stresshormon oder Trendzutat?
Cortisol ist nämlich wie bereits angetönt nicht per se der Feind, im Gegenteil. «Bei Cortisol handelt es sich um ein wichtiges Hormon, das in der Nebennierenrinde produziert wird und für die Stressregulation des Körpers eine zentrale Rolle spielt,» erklärt Prof. Dr. med. Saskia Rohrbach, ärztliche Leiterin und Mitbegründerin von everskin. Cortisol kalibriert demnach den Blutdruck, das Immunsystem sowie den Energiehaushalt und kurzfristig hilft es sogar, leistungsfähiger zu sein, betont die Expertin. Ein dauerhaft erhöhter Cortisolspiegel dagegen hat in der Tat herzlich unglamouröse Nebenwirkungen, die von Schlafstörungen über einen erhöhten Blutzuckerwert bis hin zu einem geschwächten Immunsystem reichen können.
So weit, so physiologisch und für mich auch: so logisch. Mit dem viralen Cortisol-Face hat das aber in der Regel nichts zu tun, betont Rohrbach. «Das typische Cortisol-Face tritt bei Störungen des Cortisolspiegels durch Krankheiten oder durch Cortisonmedikation auf. Es wird auch Pfannkuchengesicht genannt», sagt die Ärztin. Das klingt für mich weniger nach TikTok-Diagnose als viel mehr nach einer ernsthaften medizinischen Situation, die nichts zu tun hat mit mit «Hinter mir liegt eine stressige Woche und meine Wangen wirken weicher als sonst».
Eine noch deutlichere Ansage kommt von Dr. Valentina Bänninger, Dermatologin und Mitbegründerin von Sweet Skin: «Cortisol-Face wurde zu einem Trend-Begriff, weil irgendwelche Influencer auf diesen Trend aufgesprungen sind. Ein ‘Cortisol-Face’ im Insta-Modus hat in 99 Prozent der Fälle absolut nichts mit klinisch erhöhten Cortisolwerten zu tun.» Stattdessen seien Schlafmangel, Lebensstil und – Achtung, Realitätsschock – ganz normales Älterwerden oft die wahren Ursachen.
Lustig ist das nicht wirklich. Aber irgendwie tröstlich. Oder ernüchternd. Je nach Blickwinkel.
Wissenschaft statt Scroll-Schock
Auch PD Dr. Epameinondas Gousopoulos, Oberarzt und Forschungsleiter am Universitätsspital Zürich, sieht keinen Grund zur Aufregung. Cortisol gehöre nun mal zur Stressreaktion des Körpers und sei lebenswichtig. «Ein geschwollenes Gesicht ist in den meisten Fällen nicht durch dauerhaft erhöhtes Cortisol verursacht», betont der plastische Chirurg und Mitbegründer des Schweizerischen Kosmetikbrands Iräye. Viel wahrscheinlicher gehen leichte Schwellungen im Gesicht auf bekannte Faktoren zurück wie Schlafposition, Salz- und Alkoholkonsum, Allergien oder eine veränderte Mikrozirkulation.
Fast immer handle es sich beim vermeintlichen Cortisol-Face darum nicht als hormonelle Katastrophe, sondern schlicht um das menschliche Leben, in dem wir manchmal müde sind. Aufgedunsen. Sichtbar erschöpft.
Ein ‘Cortisol-Face’ im Insta-Modus hat in 99 Prozent der Fälle absolut nichts mit klinisch erhöhten Cortisolwerten zu tun
Die gute Nachricht: Die Wissenschaft beschäftigt sich bereits seit Jahren damit, wie chronischer Stress die Hautbarriere, Gefässintegrität und Immunreaktionen beeinflussen und dadurch zu sichtbaren Schwellungen beitragen könne, sagt Epameinondas Gousopoulos. «Genau hier setzt Iräye an mit dem patentierten Lymphactive Complex, welcher das feine Netzwerk der lymphatischen Kapillaren in der Haut unterstützt.» Eine regelmässige Anwendung der Produkte fördere entsprechend einen ausgeglichenen Lymphfluss und helfe dabei, sichtbare Schwellungen und Müdigkeit im Gesicht zu reduzieren.
Allerdings – und das wäre dann die nicht so tolle Nachricht – lässt sich nach allgemeiner Lehrmeinung nicht komplett verhindern, dass wir manchmal zerknittert aussehen, wenn wir bis tief in die zu viel Serienfinale in Folge geguckt haben. Daran ändert auch das Tracking des Cortisonspiegels per App, sagen die Fachleute. «Alltagsbeschwerden mit einer Dysfunktion im Cortisolhaushalt in Verbindung zu bringen, geht an der Wirklichkeit vorbei», sagt Rohrbach und demontiert damit den Social-Media-Wirbel um Cortisol sowie alle damit verbundenen Geschäftsmodelle.
Warum der Hype überhaupt funktioniert
Aber obwohl längst nicht alles stimmt, was auf den Sozialen Medien kursiert, sieht Epameinondas Gousopoulos auch die positiven Seiten solcher Hypes, die seiner Meinung nach sowohl auf ein zunehmendes Bewusstsein für Selbstfürsorge als auch auf ein wachsendes Interesse an Hautpflege zurückgehen, was beides per se nicht schlecht ist. «Wichtig ist einfach: Nicht jedes geschwollene Gesicht ist ‘Cortisol-bedingt’ und oft reichen schon einfache Massnahmen gegen müde, gedunsene Gesichtszüge», sagt Gousopoulos, der mir damit die perfekte Überleitung liefert für die besten Profi-Tipps gegen ein «puffy face»:
«De-Puffing» leicht gemacht

Kopf(kissen) hoch
Leicht erhöht schlafen verhindert, dass sich Flüssigkeit im Gesicht staut. Zwei Kissen oder ein leicht hochgestelltes Kopfteil am Morgen sind die einfache Geheimwaffe gegen aufgedunsene Augen und Wangen.
Salz und Alkohol zügeln, Wasser tanken
Die Klassiker, aber wirksam: Ein sparsamer Einsatz von Salz sowie Zurückhaltung beim Alkohol verhindern Wassereinlagerungen über Nacht. Noch mehr freut sich der Stoffwechsel, wenn Du den Feuchtigkeitspegel durch regelmässiges Trinken von Wasser oder ungesüsstem Tee konstant hochhältst.
DIY Lymphdrainage
Mit den Fingerspitzen oder einem Gua Sha sanft von innen nach aussen und von unten nach oben massieren wirkt wie ein kleiner Frühjahrsputz für das Gesicht. Besonders effizient wird es, wenn Du dieses Ritual mit dem Einarbeiten der Gesichtspflege am Abend verbindest.
Pflegeprodukte, die wirklich was tun
Die De-Puffing Eye Cream oder Eye-Patches von Iräye aktivieren die Mikrozirkulation und unterstützen das Lymphsystem, das Fachleute schon seit Jahren als entscheidenden Faktor für sichtbare Schwellungen sehen. Insbesondere die Augencrème von Iräye gilt als Geheimtipp für frische Augen – you can thank me later, Darling.

Für mich ist mittlerweile klar: Ein bisweilen leicht geschwollenes Gesicht sagt weniger über Cortisol als über unser modernes Leben aus, in dem zwischen Bildschirmzeit, Filter-Apps und Insta-Trends schnell einmal untergehen kann, dass der Spiegel und der Feed zwei komplett verschiedene Realitäten wiedergeben. Nicht umsonst gilt mittlerweile eine kurze Auszeit vom Smartphone als einer der effizientesten Beauty-Hacks überhaupt.
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