Eigentlich sind sie da, um Auskunft zu geben über den Inhalt in unseren Tiegeln, Töpfchen oder Tuben im Bad.

Tatsächlich sorgt die Liste der Bestandteile auf den Etiketten von Beauty-Produkten aber oft für Verwirrung. Weil kaum jemand versteht, was die komplizierten Fachausdrücke genau bedeuten. Obwohl sich immer mehr Menschen dafür interessieren, wie ich dank regelmässigen Anfragen weiss. Und darum sehr dankbar bin um den heutigen Beitrag von Gastbloggerin, Leserin, Neurologin sowie – ihre Worte! – «Skintellectual» Maja, die hier genau aufdröselt, wie ein Kosmetikprodukt zusammengesetzt ist. 

Danke für die Aufklärungsarbeit, Liebe Maja!

Neurologin und "Skintellectual" Maja Strasser erklärt die Zusammensetzung von Kosmetika.

«Die Liste der Inhaltsstoffe: Wer studiert sie regelmässig? Wer versteht sie? Hand hoch… 

Um ehrlich zu sein studiere ich sie auch nur gelegentlich, obwohl ich einiges über Hautpflege weiss. Der Grund dafür liegt an meiner sehr toleranten Haut, die selten aufmuckt. 

Da aber nicht alle eine so komfortable Ausgangslage haben, macht es wirklich Sinn, dem Thema ‘Inci’ auf den Grund zu gehen. 

Und bevor jemand fragt:

Inci steht für ‘International Nomenclature of Cosmetic Ingredients (INCI)’, die mittlerweile mehr als 16‘000 Inhaltsstoffe umfasst.

Neue Inhaltsstoffe können nach Prüfung der Sicherheit (nicht Wirksamkeit!) durch die unabhängige Cosmetic Ingredients Review (CIR) in das Inventar aufgenommen werden. Der Antrag für die Aufnahme kostet $200.

Die Reihenfolge der Angabe ist in der EU mit abnehmender Konzentration bis zu einer Konzentration von einem Prozent, anschliessend ist die Reihenfolge beliebig. Ein Unterschied zwischen der US- amerikanischen Regulierung und der EU ist, dass in den USA Ausnahmen für Actives – die Erklärung dazu folgt gleich – Parfüms sowie Farbstoffe bestehen, die in den USA aus der Reihe tanzen dürfen.

Neurologin und "Skintellectual" Maja Strasser erklärt die Zusammensetzung von Kosmetika.
Bild: Jehona Abrashi für eine Reportage über Lubex Anti-Age

Grundsätzlich unterscheiden wir zwischen Trägersubstanzen und Actives. 

Aber was sind Actives? 

Actives in der Hautpflege sind strenggenommen entweder Substanzen, die wissenschaftlich erwiesen die Struktur oder Funktion der Haut beeinflussen können, sofern sie in einer wirksamen Formulierung (!) und in genügender Konzentration (!) eingesetzt werden – oder entsprechende Pflegeprodukte insgesamt.

Meist wird der Begriff aber locker gebraucht für alle Substanzen, die eine Wirkung versprechen, auch wenn diese nicht wissenschaftlich erwiesen ist (wovon ich keine Freundin bin – ich bin orthodox!).

Schauen wir uns einmal eine simple Cold cream an, ohne Actives: Sie besteht in der Regel aus Wasser, Mineralöl, Wachs und Parfüm. 

Nun sind aber die meisten Hautpflegeprodukte deutlich komplexer…

Wieso fragt Ihr? 

In erster Linie, weil Actives nur wirksam sind, wenn sie in genügender Konzentration in einer guten Formulierung aufgelöst sind. Zusätzlich enthalten Kosmetikprodukte weitere Stoffe, um das Hautgefühl, die Textur, die Stabilität, die Farbe und teilweise auch den Duft zu verbessern.

Zusätzlich zu Actives gibt es deswegen weitere Substanzen, auf die wir nun eingehen: 

Neurologin und "Skintellectual" Maja Strasser erklärt die Zusammensetzung von Kosmetika.
Bild: Jehona Abrashi für eine Reportage über Lubex Anti-Age

Lösungsmittel: 

Lösungsmittel sind Flüssigkeiten, welche dafür genutzt werden, ein Puder aufzulösen. Ungelöste Actives sitzen nämlich einfach nur auf der Haut und sind schlicht unwirksam. Je nach Substanz werden als Lösungsmittel entweder Wasser, Öle, Silikone oder Alkohole eingesetzt – meist in Kombination.

Butter und Öle: 

Sie sind pflegend, versiegeln Feuchtigkeit in die Haut und enthalten teilweise wertvolle Fettsäuren oder Antioxidanzien. Was viele nicht wissen: Öle wirken nicht befeuchtend, denn sie enthalten kein Wasser.

Unterschieden wird dabei zwischen ätherischen Ölen – auch Aromaöle genannt – wie Lavendel, Zitrus, Rosen oder Neroli, …), und nicht-ätherischen Ölen wie Jojoba, Argan, Hagebutte, Kokosnuss. Achtung: Auch nicht-ätherische Öle haben einen Eigengeruch, gelten aber trotzdem nicht als ätherische Öle. 

Emulgatoren: 

Diese Substanzen sorgen dafür, dass sich fettlösliche und wasserlösliche Bestandteile nicht trennen. Ohne Bindemittel schwimmt in einer Crème das Öl obendrauf, was unschön aussieht und unter Umständen die Wirkung beeinträchtigt.

pH-Korrektoren: 

Sie werden hinzugefügt, um den pH-Wert einerseits in einen hautverträglichen Bereich zu bringen, und andererseits wirken bestimmte Actives nur in einem bestimmten pH-Bereich. Vitamin C Derivate etwa benötigen einen genügend tiefen, also sauren pH-Wert, um eines von vielen Beispielen zu nennen.

Dickungsmittel 

Weil das Hautgefühl eine grosse Rolle spielt, enthalten viele Kosmetikprodukte auch Dickungsmittel, die eine angenehme Konsistenz bewirken. 

Konservierungsstoffe: 

In wasserhaltiger Hautpflege können sich Mikroorganismen vermehren, die entweder durch unsaubere Produktion, ungenügende Verpackung, schlechte Bedingungen bei Lagerung und Transport oder beim Gebrauch (Entnahme mit Finger) in das Produkt gelangen. Konservierungsstoffe verhindern das Wachstum von Schimmel oder Bakterien. 

Farbstoffe, Parfüms: 

Sowohl Farbstoffe als auch Parfüms machen das Produkt zu einem sinnlichen Erlebnis, sind aber für die Wirksamkeit nicht notwendig. 

Neurologin und "Skintellectual" Maja Strasser erklärt die Zusammensetzung von Kosmetika.
Bild: Pixabay

Eine wichtige Frage ist, ob ein Inhaltsstoff in genügender Konzentration vorliegt. Hilfreich in diesem Zusammenhang ist die bekannte ‘First five rule’: Gemäss dieser Regel sollte man sich auf die ersten fünf Inhaltsstoffe konzentrieren – alles, was danach kommt, kann vernachlässigt werden. 

Der erste Inhaltsstoff macht meistens 70-95 Prozent eines Produkts aus, die nächsten vier jeweils drei bis fünf Prozent. Nun gibt es aber Substanzen, die in sehr geringen Konzentrationen wirksam sind. Für Retinaldehyd ist z.B. 0.05-0.1 Prozent optimal (weniger als 0.025 Prozent ist wirkungslos). Demzufolge kann man die ‘First five rule’ meiner Meinung nach getrost vergessen.

Mit anderen Worten: Die exakte Konzentration ist aus der INCI Liste nicht ersichtlich und wer es genauer wissen will, muss beim Hersteller nachfragen…

Ein letztes Wort zu den so genannten ‘Miracle Molecules’: Wie bereits oben angedeutet, stehe ich auf wissenschaftlich erwiesen wirksame Inhaltsstoffe und bezeichne darum auch nur solche als ‚Actives‘. In der Industrie gibt es aber unzählige ‘Miracle Molecules’ mit bombastischen Namen, welche das Blaue vom Himmel versprechen. Bloss: Dass ein Wirkstoff patentiert oder ein Produkt extrem teuer ist, sagt schlicht gar nichts über die Wirksamkeit aus. 

Uff!

Wenn du bis jetzt durchgehalten hast, gratuliere ich dir ganz herzlich. 

Und erst ganz zum Schluss verrate ich dir eine Abkürzung zur Analyse der INCI Liste: Websites wie Cosdna.com geben Dir eine Beurteilung mit einem einzigen Mausklick. 

Voilà!»